Citadel-DLC/PS3-Review Der folgende Artikel könnte Spoiler enthalten!
Ein Review zum letzten, ultimativen Mass Effect DLC zu schreiben, der seit dem 05. (PC und Xbox) bzw. 06. März (Playstation) veröffentlicht ist, ist gar nicht so einfach. Auf der einen Seite wäre da die pure Begeisterung über die gesamte Franchise, die einem den Blick ein wenig verstellen kann. Auf der anderen Seite das traurige Gefühl, dass mit dem Citadel-DLC tatsächlich eine kleine Ära zu Ende gegangen ist.
Die Mass-Effect-Reihe hat seit 2007 nicht nur unzählige Menschen begeistert und mitgerissen, vielmehr setzte das Entwicklerstudio BioWare neue Maßstäbe für ein ganzes Genre. Der letzte DLC sollte nun das ultimative Best Of werden, eine Verneigung vor den Fans und ein letzter Curtain Call, bevor Shepards Abenteuer endgültig zu Ende gehen. Die Messlatte wurde also von vorneherein sehr hoch angesetzt, was sich auch in der Dateigröße von über 3GB widerspiegelt – so groß ist manches Vollspiel nicht.
„Avengers Assemble!“
Erinnert ihr euch noch, als letztes Jahr endlich der heiß erwartete Film „Marvel’s The Avengers“ ins Kino kam und nicht nur von Fans des Marvel-Universums als absolute Krönung unter den Superheldenfilmen gefeiert wurde, da endlich Iron Man, Hulk und Co. in einem Film zusammenarbeiten? So oder so ähnlich funktioniert auch der Citadel-DLC, den ihr nach Abschluss des Cerberus-Coups auf ebendieser starten könnt.
Ja, ihr könnt sämtliche Squadmitglieder treffen, die zu diesem Zeitpunkt noch einen Puls haben. Die meisten davon aber erst nach Abschluss des kleinen Handlungsstrangs. Dafür steht euch für den Verschwörungskomplott endlich wieder kroganisches Blut zur Verfügung: Wrex, sofern auch dieser noch über funktionsfähige Lungen verfügt, wird zum temporären Squadmitglied und mischt die Geschehnisse erst so richtig auf.
Das wirklich Besondere ist aber, dass Shepard keinesfalls nur im Dreierteam unterwegs ist, sondern die komplette, kampffähige Crew der Normandy mehr als nur ein Wörtchen mitzureden hat. Denn bei dem, was sich BioWare zum Abschluss für Shepard ausgedacht hat, braucht es einfach ein größeres Team.
The Late Night Shepard Show
Der Vergleich mit den Avengers zieht auch, wenn man die reine DLC-Handlung betrachtet, denn ähnlich wie dieser Film versucht man weniger mit einem atemberaubenden Plot die Fans zu begeistern, als mehr mit Spaß, Komik und abstrusen Situationen. Dadurch löst sich der DLC vollkommen von der generell melancholisch bis depressiven Stimmung des Hauptspiels und wird zu einer kleinen Sitcom-Episode.
Es wäre folglich auch nicht fair, die Handlung mit einem Mikroskop zu untersuchen- diesem würde kein Spiel standhalten. Dennoch fällt selbst bei einem flüchtigen Blick auf, wie wenig Substanz sie bietet. Leviathan und Omega führten eine konsistente, durchdachte Handlung ein. Der Citadel-DLC wirkt dagegen, wie mit der heißen Nadel genäht: Fäden stehen raus und Nähte gehen auf, wenn man nur leicht dran zieht. Bei einem Studio wie BioWare fällt so etwas leider deutlicher auf als woanders und muss deswegen erwähnt werden.
Die schwache Handlung wird aber mit viel Komik glattgebügelt, was an vielen Stellen sehr gut funktioniert. Vor allem dann, wenn Dinge aufgegriffen werden, die Fans schon seit Ewigkeiten diskutieren, wie Shepards berüchtigtes „I should go“. Stellenweise mag das für den ein oder anderen aber auch übertrieben rüberkommen und das Timing, welches bei Comedy immer das Schwierigste ist, sitzt gelegentlich ein wenig daneben. Man muss sich drauf einstellen, dass dieser DLC vor allem unterhalten will und gelegentlich ein Auge zudrücken.
Party statt Reapers
Und deswegen ist es nach rund zwei bis drei Stunden, in welchen ihr die kleine Verschwörung aufdeckt, endlich an der Zeit eine Party für sämtliche Leute zu schmeißen, mit denen ihr gegen Reaper, Geth und Kollektoren gekämpft habt. Gut also, dass euch der DLC ein riesiges Apartment zur Verfügung stellt, in die eure ganzen Freunde passen. Auf der Normandy wäre es wohl etwas eng geworden.
Hier wird euch endlich Gelegenheit gegeben, alte Freunde zu treffen und noch ein letztes Mal mit diesen kleinere Gespräche zu führen. Auch auf abhanden gekommene Bekannte muss Shepard nicht zwangsläufig verzichten, da für diese ebenfalls ein paar kleine Szenen eingerichtet wurden. Dies aber nur am Rande.
Euer kleines „Meet up“ ist dabei ausführlicher gestaltet, als man es vermuten würde und bietet genug Raum, die gesamte Trilogie noch einmal Revue passieren zu lassen, ein paar Lacher mit Charakteren zu teilen, die für viele Fans schon längst mehr sind, als nur NPCs in einem Videospiel. Und letztendlich auch, Abschied zu nehmen von Shepard und seinen Freunden.
Sentimental oder krönender Abschluss?
Der komplette DLC versprüht eine Leichtigkeit, die man in den gesamten drei Spielen immer nur stellenweise erlebt hat. Er versucht nicht alte Dramen zu erläutern oder neue einzuführen. Stattdessen geht es um den reinen Spielspaß und die Freude an den Charakteren.
Hierbei wird gerne oft sehr dick aufgetragen, vielleicht für manchen sogar etwas zu dick. Dieses findet sich auch in der ansonsten recht mauen Handlung wieder, denn wenn sich die Verschwörung endlich lüftet, möchte so mancher Kopf die Tischplatte treffen. Ohne euch nun den dicken Spoiler aufzutischen: Genau an dieser Stelle wäre etwas ganz Simples ausreichend gewesen, denn der Rest begeister bereits genug. Dafür erwartet euch dann ein Bosskampf, der es in sich hat und ganze neue Herausforderungen an den Spieler stellt.
Der Citadel-DLC ist folglich purer Fan-Service für diejenigen Fans, die in den letzten Jahren so viel von ihrer Zeit und ihrem Emotionen in die Serie gesteckt haben. Welches andere Spiel kann schon von sich behaupten, so etwas auf die Beine gestellt zu haben?
Minuspunkte finden sich schnell und einfach im abstrusen Handlungsstrang, eventuell überstrapazierender Komik, den recht anspruchslosen Zwischengegner, die leider nichts Originelles zu bieten haben und in den 2 ½ Sekunden, wo irgendwer bei BioWare meinte, mal wieder ein Stealth-Element unterbringen zu müssen.
Der DLC bleibt ein würdiger Abschluss für eine der fesselndsten Spielserien unserer Zeit und macht viele Dinge einfach nur richtig, sodass man als Fan endlich auch mit einem lachenden Auge Abschied nehmen kann.
Ein paar Fakten zum Schluss
Zu haben ist der DLC im Playstation-Store für 14,99€, Xboxler und PC-Spieler müssen 1200 Microsoft- bzw. BioWare-Punkte ausgeben. Xbox-Spieler müssen zudem aufgrund der Größe von knapp 4 GB den DLC in zwei Teilen runterladen.
Je nach Schwierigkeitsgrad und Spielerfahrung dürfte man mit ihm rund zwei bis drei Stunden beschäftigt sein und danach wartet immer noch ein witziger Kampfsimulator auf den Spieler, in welchem man auch endlich wieder Seite an Seite mit Squadmitgliedern aus Mass Effect 2 kämpfen kann. Darüber hinaus kann man den virtuellen Geldbeutel im Casino bei Roulette, Quasar oder Varren-Rennen strapazieren oder das sauer verdiente Geld für ein paar neue Stühle beim intergalaktischen, schwedischen Möbelhaus ausgeben. Viele kleine, nette Leckerbissen also, die das DLC-Spieleerlebnis abrunden.
Autor: Melikka